Wenn ich zurückblicken werde..

Diesen Text schrieb ich einem guten Freund Mitte März 2020, ganz zu Beginn der Corona-Massnahmen, als wir alle noch kaum etwas über die Bedrohung wussten.

Manchmal blicke ich ein bisschen voraus: Durch meine Korrespondenz mit Apple-Entwicklern in Asien gewarnt, wies ich diesen Freund daraufhin, wir müssten uns Gedanken darüber machen, wie wir als Musiker auf den heraufziehenden Sturm reagieren sollen – dies Anfang Januar 2020, und sein Blick verriet deutlich, dass er mich damals doch für ein wenig paranoid hielt.

Wer konnte ihm dies zum damaligen Zeitpunkt auch verdenken!

Hier nun also der Text, der mir gestern wieder in die Hände fiel….:

Wenn ich zurückblicken werde im Frühling 2021…

…dann werde ich auf eine Welt blicken, die sich verändert hat – oder eben auch nicht!

Denn nichts ist stärker als die Gier des Menschen. Stärker als der Selbsterhaltungstrieb und, oh ja, stärker als jeglicher Ehrgeiz, Dinge zum besseren zu wenden.

Denn ich blicke jetzt schon auf eine Welt, in der ein mehrfacher Milliardär die Politik erpresst, ihn mit Subventionen für seine Kaufhauskette (die er praktisch geschenkt bekommen hat) zu überschütten, da er sonst wirklich keine liquiden Mittel mehr hat, die Mieten für seine Kaufhäuser zu bezahlen.

Auf eine Welt, in der bedenkenlos Gesundheitssysteme kaputtgespart wurden – nicht nur in England, sondern überall! – , weil man die Bereiche, die das System früher finanziell am laufen hielten, an Aktienfonds verkauft hat, um vor einer anstehenden Wahl kurz die Steuern senken zu können – allerdings nur zum Vorteil derer, die sich ohnehin eine luxuriöse private Krankenversorgung leisten konnten.

Eine Welt, in der sich ein Milliardär die amerikanische Präsidentschaft gekauft (nicht nur er – ich kenne einen deutschen MdB, der sich seinen Sitz im Bundestag erkauft hat) und mitten in der Krise versucht hat, sich die exklusiven Patentrechte für einen möglichen Corona-Impfstoff zu sichern.

Soll doch die Welt zusammenbrechen, ich verdiene an jeder Impfung!

Auf eine Welt, in der die politischen Entscheidungsträger aus Bequemlichkeit oder auch aus purer Inkompetenz keine Entscheidungen treffen, ausser natürlich der jährlichen Entscheidung über ihre Diätenerhöhungen.

Eine Welt, in der die Menschen auf jeden selbsternannten Propheten aus dem Internet hören, nur weil er ihnen die Rückkehr zum gewohnten, alltäglichen verspricht – denn ihnen wurde ja jegliche Möglichkeit genommen, sich umfassend zu informieren, sich weiterzubilden, ihren Intellekt zu schärfen, indem man sie rund um die Uhr mit völlig sinn- und wertfreier Billigstunterhaltung zuschüttet.

Der einzig belustigende Nebeneffekt dabei: Die Leute sind inzwischen so uninformiert, leben so sehr in ihrer eigenen Gedankenblase, dass sie mittlerweile nicht einmal mehr wissen, wo sie bei der Wahl das Kreuz machen sollen und auf jede „Alternative“ hereinfallen, Hauptsache, sie schreit laut genug!

Auf eine Welt, auch das, in der jede aufgeklärte, sachlich argumentierende Stimme sofort niedergebrüllt wird, denn ein ungepflegter Fünftagebart ist natürlich in jedem Falle ein Zeichen größerer Kompetenz….

Eine Welt aber, und dies vor allem, die, sobald die Wirtschaft mit finanziellen Einbussen droht, sofort nach der Rückkehr an den Arbeitsplatz schreit, jedes noch so fadenscheinige Argument, jede noch so plump gefälschte Statistik ist hier recht!

Denn es geht ja um die großen Werte des Menschen: Mein BMW! Mein Haus! Mein Handy!

Dass es der Wirtschaft um die wahrhaft großen Dinge geht ist da natürlich beruhigend: Mein Schloss! Meine Ferrarisammlung! Meine Insel in der Südsee!

Nur am Rande: In Deutschland sind 780.000 Menschen obdachlos. 

In einem Land, in dem es 126 Milliardäre gibt…..

Aber zurück ins Jahr 2021: Denn ich werde mit großer Sicherheit zurückblicken auf eine Welt, die absolut nichts gelernt hat.

Denn natürlich müssen nach dem Wirtschaftseinbruch zunächst einmal die Industrien wieder hochgepäppelt werden, schließlich war dort nie genug Geld da, um Rücklagen zu bilden! Seit Steinbrücks Steuerreform übrigens auch nicht, um in Deutschland Steuern zu zahlen, die Subventionen müssen nun wirklich die Arbeiter mit ihren Steuern finanzieren, die sie dann nicht auf ihrem Lohnzettel wiederfinden.

Gewinne sind immer willkommen! Verluste allerdings…da ist der Sozialismus dann ganz recht.

So wird also kein Geld da sein, um endlich den wahren Helden unserer Zeit, den Krankenschwester, den Altenpflegern, den Verkäufern im Supermarkt faire Löhne zu bezahlen.

Es wird kein Geld da sein, um die über Jahre kaputtgesparte Gesundheitsstruktur wieder aufzubauen und es wird kein Geld da sein, die von der Wirtschaft so gern bis an die Grenzen ausgenutzte Infrastruktur zu sanieren.

Vor allem aber, und dies nicht zuletzt: Es wird wohl weder Zeit noch Geld übrig sein, um über die wahren Lehren aus all dem zu reden, über den Verfall der Gesellschaft, über Moral und Anstand.

Denn dies wäre das Ende für all jene, die sich im System auf Kosten der Masse sehr bequem eingerichtet haben und nichts mehr fürchten als das Ende der Niedriglöhne!

Man stelle sich nur eine Gesellschaft aus aufgeklärten, Bildungs- und Kulturhungrigen Menschen vor, die den Dingen auf den Grund gehen, Massnahmen informiert hinterfragen und ihren Politikern und Wirtschaftsführern immer wieder mal sanft, aber bestimmt auf die Finger klopfen.

Das gab es schon, werden Sie sagen?

Ganz richtig, man nannte es Bildungsbürgertum, und für eine gewissen Zeit sorgte es tatsächlich für jenes Aufblühen, aufgrunddessen man Deutschland immer noch „Land der Dichter und Denker“ nennt.

Tempi passati – die Gier nach Besitz ist wohl einfach stärker, als die Gier nach Weiterentwicklung.

Darum, so fürchte ich, werde ich im Frühjahr 2021 auf ein Land zurückblicken, in dem sich nichts zum besseren, vieles aber zum schlechteren gewandelt haben wird.