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Mein Lehrer Paul Dan

Heute achtunddreißig Jahr – Mein Lehrer Paul Dan Laudatio zur Verabschiedung von Prof.Paul Dan an der Staatlichen Hochschule für Musik und darstellende Kunst Mannheim am 15.10.2018 Als mir mein Lehrer und Freund Paul Dan den Auftrag zu dieser Laudatio antrug, war mir dies große Freude – und als ich so meine Gedanken zu sortieren begann, wurde mir klar, wie lange all das schon zurückreicht, wie unglaublich lange er mich stets in meinen Gedanken begleitet. Bitte verzeihen Sie mir, wenn ich im folgenden sehr subjektiv werde – ich bin so, ich kann nicht anders! Und das Lügen habe ich leider – oder Gott sei Dank? – nie gelernt…. Zunächst einige biographische Daten: Paul Dan, Jahrgang 1944 war Schüler von Joseph Willer, Ella Philip, Georg Halmos und Florica Musicescu, der Lehrerin von Dinu Lipatti und Radu Lupu und studierte in Klausenburg und Bukarest. 1968 gewann er den Förderpreis des Bach-Wettbewerbs in Leipzig und konnte seine Ausbildung bei Hugo Steurer in München fortsetzen, die er mit Auszeichnung abschloss. Seit 1973 war er Gastprofessor in Tokio, seit 1978 ist …

Bye, Geoffrey!

Geoffrey Tozer: Zum Tod eines grossen Pianisten. Vor kurzem stiess ich in der Online-Ausgabe des „Australian“ auf einen Artikel von Stuart Rintoul: „The life and death of Geoffrey Tozer“.  Tief betroffen las ich den traurigen Nachruf auf einen Mann dem das Leben schwer fiel und auf einen Pianisten, der wohl auch vielen seiner  Kollegen ein Fremder, eine Randerscheinung blieb. Warum? Zunächst die Biographie: Geoffrey Tozer wurde 1954 in Indien geboren, kehrte als vierjähriger in die australische Heimat zurück und zeigte bald ein ungewöhnlich starkes musikalisches Talent. Mit 9 Jahren trat er zum ersten Mal mit einem Orchester auf und führte bereits als zwölfjähriger (!) die 5 Beethoven-Konzerte öffentlich auf. Nach Erfolgen auf internationalen Wettbewerben stürzte er sich ins weltweite Konzertleben und erlebte 1988 mit der Veröffentlichung der Klavierkonzerte von Nikolai Medtner seinen grossen internationalen Durchbruch. Etwa zu dieser Zeit stiess auch ich zum ersten Mal den Namen Geoffrey Tozer und kaufte mir die CDs. Welche Offenbarung! Zum einen natürlich die Entdeckung völlig zu Unrecht vergessener Konzerte der Spätromantik – welche Meisterwerke die 3 Konzerte von Medtner …

Der Kaiser von Atlantis, oder: Ein naiver Mensch?

Der Kaiser von Atlantis, oder: Ein naiver Mensch? Einleitung zur Uraufführung der Dokumentation der szenischen Aufführung in Ludwigshafen von Kai Adomeit Zunächst einige Zitate, in chronologischer Reihenfolge: „Wer nicht arbeiten will, soll auch nicht essen“ (Bibel, 2. Brief des Paulus an die Thessaloniker) „Wir, wir Deutschen, waren besser als die anderen, freier im Denken, reiner im Fühlen, ruhiger und gerechter im Handeln. Wir, wir Deutschen, waren das wahrhaft auserwählte Volk“ (Viktor Klemperer, „Curriculum vitae“) „Wollt ihr den totalen Krieg?“ (Joseph Goebbels, Sportpalastrede, 1943) “Als die Nazis die Kommunisten holten, habe ich geschwiegen, ich war ja kein Kommunist. Als sie die Sozialdemokraten einsperrten, habe ich geschwiegen, ich war ja kein Sozialdemokrat. Als sie die Gewerkschafter holten, habe ich geschwiegen, ich war ja kein Gewerkschafter. Als sie mich holten, gab es keinen mehr, der protestieren konnte.” (Martin Niemöller) „Hätte ich von den Schrecken in den deutschen Konzentrationslagern gewusst, ich hätte Der große Diktator nicht zustande bringen, hätte mich über den mörderischen Wahnsinn der Nazis nicht lustig machen können“ (Charlie Chaplin, Autobiographie) „Wenigstens zwölf Jahre anständig gelebt“ (Hermann …

Die Fünf und die Fünfundneunzig Prozent

Die Fünf und die Fünfundneunzig Prozent Zum Thema Musik und Moral Es ist eine mittlerweile ganz alltägliches Phänomen: Eine der grossen Kulturinstitutionen (Museen, Theater, Orchester…) legt ein ganz besonders „fortschrittliches, modernes“ Programm vor um junge Leute anzusprechen, neue Publikumsschichten zu gewinnen, kurz: Um relevant zu bleiben. Dabei muss die Frage, die wirklich im Raum stehen sollte doch wohl diese sein: Wie ist es möglich, dass all diese Institutionen der Ansicht sind, sie müssten um Relevanz in der heutigen Gesellschaft kämpfen? Wie konnte es soweit kommen, dass antisemitische Rapper, deren Texte aus Beschimpfungen und Hassparolen bestehen Millionen von Fans haben, während diejenigen, die die großen Meisterwerke der Geschichte lebendig und im Bewusstsein halten, immer mehr glauben ins Abseits zu geraten und ihre Existenz rechtfertigen zu müssen? Ein Punkt, an dem anzusetzen ist, ist gewiss dieser: Die immer weiter nachlassende Vermittlung kultureller Bildung durch die Schulen.  Der Musikunterricht in den Schulen ist in den letzten 30 Jahren immer mehr zu einem exotischen Randfach verkommen, dessen Zugehörigkeit zum Bildungskanon immer mehr in Frage gestellt wird, dessen Notwendigkeit in …

Alltag und Ideale

Wenn wir jung sind, brennt unser Geist, brennen unsere Träume und Wünsche mit der Intensität einer Lötlampe. Dann beginnt der Ernst des Lebens: Studium, Praktikum, die erste Stelle und – vielleicht – das erste eigene Unternehmen oder die erste Chefstelle. Wir stürzen uns in die Arbeit und finden uns doch mit einem Mal an einem Punkt, an dem es nicht mehr weitergeht, an dem das Ende aller Ideen gekommen ist und wir nur noch den grauen Alltag zuende bringen, gefangen in den Zwängen des alltäglichen Weiterlebens und der Verantwortung für uns und andere. Doch bleibt eine leere Stelle in uns, eine unerfüllte Sehnsucht, denn wir haben unseren Traum verloren. Wir vergessen vor lauter Alltagsgeschäft, in die Zukunft zu schauen. Wir denken von Tag zu Tag, planen von Monat zu Monat und entwerfen Ideen von Vierteljahr zu Vierteljahr – aber wir vergessen darüber unsere großen Ideen, mit denen wir einst angetreten sind, die Welt zu verändern. Wir sind so sehr damit beschäftigt, Geld zu verdienen um die Büromiete, die Steuern, das nächste Auto zu bezahlen, dass …